Computer Aided Bonding: Eine durchgängige Internet-of-Things-Lösung zur Vereinfachung der Klebprozesse

Die Kurse finden direkt am Fraunhofer IFAM statt und die Teilnehmer erhalten neben begleitenden Unterlagen auch abschließende Zertifikate.
© CAbond
Struktur des CAbond-Systems
In den FVK-Kursen des Fraunhofer IFAM lernen die Teilnehmer verschiedene Fertigungsverfahren sowie deren Anwendung und Verhalten kennen.
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Unterstützte Prozesse im Produktlebenszyklus

Das Kleben als industrielle Anwendung ist im Gegensatz zu anderen klassischen Verbindungstechniken wie Schweißen, Nieten oder Schrauben eine vergleichsweise junge Fügetechnik. Trotzdem hat sich das Kleben bereits so etabliert, dass es fester Bestandteil in den meisten industriellen Fertigungsketten geworden ist. Mit dem Wunsch zur durchgängigen Prozessintegration steigt aber auch der Bedarf nach einer digitalen Prozesssteuerung. Computergestützte Assistenzsysteme, auch sogenannte Computer-Aided-Bonding-Systeme (CAB), stellen eine hilfreiche digitale Unterstützung in der Klebtechnik dar. Der Einsatz dient zur Vereinfachung der Planungs- und Fertigungsprozesse. Fehlerrisiken und Anwendungsfehler können so verringert und Kosten eingespart werden. Die Integration in das industrielle Fertigungsverfahren soll auch zukünftig vertieft und erweitert werden, damit alle unterschiedlichen Einflussgrößen berücksichtigt werden können. Derzeit stellt die Software des Unternehmens CAbond die erste umfassende Lösung dar, die auf die spezifischen Anforderungen der klebtechnischen Fertigung durchgängig ausgerichtet ist und diese erfüllt. Doch welche neuen Möglichkeiten bietet der Einsatz überhaupt? Löst die Technik das qualifizierte Personal dann vollkommen ab und wie kommt das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM ins Spiel?

Im Interview erklärt Dipl.-Ing.(FH) Nico Bohms von der tec-n GmbH wie die digitale Unterstützung mittels CAbond in der klebtechnischen Fertigung genutzt, Personal entlastet und sinnvoll eingesetzt werden kann. In keiner Weise wird dieses nämlich ersetzt!

Welche neuen Möglichkeiten bietet der Einsatz von Computer-Aided-Bonding-Systemen?
Das Unternehmen kann vorerst selbst bestimmen, inwiefern die Technik in den Fertigungsprozess eingebunden werden soll. Im einfachsten Fall kann die Software als komfortable Planungshilfe genutzt werden, aus der Arbeitsanweisungen erzeugt werden. Die Möglichkeiten zur Einbindung des Assistenzsystems in die Betriebsabläufe sind aber vielfältig. Das geht von der Kopplung mit anderen vorhandenen IT-Systemen (z.B. PPS, MES, ERP, QM-Systemen) bis hin zur Integration von Hardwarekomponenten wie Thermohygrometern oder Mess- und Prüfgeräten. Auch eine Übernahme kompletter Fertigungsprozesse ist möglich. Per Knopfdruck können die geplanten Arbeitsabläufe über das Werkerassistenzsystem den Klebpraktikern digital zur Verfügung gestellt werden. Sie können so einfach und effizient durch jeden erforderlichen Arbeitsvorgang geführt werden. Auch die Sicherstellung klebtechnischer Standards wie die DIN 6701, DIN 2304 und DVS 3310 in der Prozessplanung und Ausführung von Kleboperationen kann durch die Software gewährt werden. Daher sind wichtige Reports und Qualitätsdokumente standardmäßig im System hinterlegt. Eigene Formatvorlagen können implementiert werden, sodass auch ergänzende betriebliche Vorgaben berücksichtigt werden können.

Ersetzt der Einsatz von CAbond-Systemen das Klebaufsichtspersonal vollkommen?
Nein! Denn die ausführenden Mitarbeiter sollen durch Vorgaben, definierte und überwachte Abfolgen, die Integration von Messverfahren (und automatische Reaktion auf deren Ergebnisse) und vor allem die lückenlose systemgestützt Dokumentation entlastet werden. Der verantwortliche Fertigungsplaner kann die Kleboperationen, wie auch alle anderen Fertigungsabläufe, über den integrierten Prozessdesigner graphisch unterstützt detailliert planen. Bei auftretenden Störungen, wie beispielsweise der Unter- oder Überschreitung von Prozesszeiten, ist die Entscheidung des Klebeaufsichtspersonals unabdingbar. Per Alarmmeldung wird dieses verständigt und die weitere Verarbeitung gestoppt. Derzeit wird an innovativen Methoden (z.B. Datenbrille) zur Interaktion mit dem System gearbeitet, um dem Personal die Möglichkeit zu geben sich ganz auf die jeweiligen Prozessschritte zu konzentrieren.

Gibt es aktuelle Spannungsfelder, die nach weiterem Forschungsbedarf verlangen?
Die Integration von digitaler Prozessplanung, Werkerassistenz und Prozessüberwachung steht zweifellos erst am Anfang der Entwicklung. Insofern sind der Bedarf an Forschung und mögliche Herausforderungen kaum abschätzbar. Stellvertretend können Themenfelder wie die automatisierte und kognitive Prozesssteuerung, die Nutzung smarter Technologien in manuellen oder nur teilautomatisierten Fertigungsprozessen oder auch der Einsatz digitaler, sensorgesteuerter Prüftechniken anstelle von z.B. klassischer zerstörender Prüfungen genannt werden. Die Fragestellungen sind dabei oftmals sehr konkret: z.B. der arbeitsmedizinisch wie rechtlich unbedenkliche Einsatz von Datenbrillen sowie Werker-Kommunikation durch Sprachsteuerung von Systemen und Maschinen. Um diese Thematik aufzugreifen und die Software anwendungsfreundlicher zu gestalten, wird aktuell ein Forschungsprojekt im Verbund mit dem Fraunhofer IFAM und weiteren Projektpartnern realisiert.

Welche Rolle nimmt das Fraunhofer IFAM im Entwicklungsprozess ein?
Eine zentrale Rolle - die meisten, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, müssen sich spezialisieren, benötigen aber gleichzeitig den Zugriff auf ein breitgefächertes Know-how und den Austausch mit der Forschung über die neuesten Trends und Entwicklungen. Hier hat sich das Fraunhofer IFAM als idealer Partner aufgestellt, da es nicht nur sein Know-how bereitstellt, sondern auch den Austausch mit Anwendern und möglichen Partnern fördert. Wir haben das Fraunhofer IFAM, das uns seit Beginn der Firmengründung begleitet, als eine industrie- und vor allem mittelstandsnahe Forschungseinrichtung mit dem Fokus auf innovative, praktisch anwendbare Lösungen kennen und schätzen gelernt. Mittlerweile ist das Fraunhofer IFAM für uns zu der zentralen Anlaufstelle in der Forschung geworden, wenn es darum geht, neue Ideen für unsere Produkte und Einsatzmöglichkeiten zu diskutieren.

 

Vielen Dank für das Interview!

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