Mit Laserinduzierter Plasmaspektroskopie Betriebsprozesse durch inline-Lösung entschlacken

Wie kann die Sauberkeit von Oberflächen schnell, einfach und umfassend analysiert werden? Wie können so Betriebsprozesse vereinfacht, optimiert, gesichert und automatisiert werden? Wir haben mit Herrn Dr. René Neuholz über die vielseitigen Möglichkeiten der Laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) gesprochen. Herr Dr. Neuholz ist als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM im Bereich der Qualitätssicherung für Oberflächenanalytik und spektroskopische Verfahren zuständig. 

© Fraunhofer IFAM
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Spuren von Latex-Handschuhen oder gar Handschweiß auf gereinigten Elektronikbauteilen oder ein Ölfilm auf einem Reifenblech: Herstellungsprozesse, Bearbeitungen, der Einsatz von Trennmitteln können Oberflächen kontaminieren. Damit ein stabiles Kleben sichergestellt werden kann, müssen Oberflächen jedoch enorm sauber sein. Kleben ist ein sogenannter spezieller Prozess. Das bedeutet, dass die Klebprozesse nicht zu 100% zerstörungsfrei überprüfbar sind und eine prozessbegleitende Qualitätssicherung essentiell ist. Ein wichtiger Aspekt dabei ist – neben der Analyse der Klebstoffe – die Erkennung von Oberflächenkontaminationen, damit die Adhäsionskräfte gewährleistet sind.

LIBS-System als zentrales Element der Oberflächenanalyse am Fraunhofer IFAM

Oberflächenanalyse, speziell in Bezug auf Kontaminationserkennung zur Absicherung von beispielsweise Klebprozessen, gehört zu den Kerndisziplinen am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung. Das Herzstück ist dabei die Laserinduzierte Plasmaspektroskopie (LIBS), mit welcher sich in Millisekunden die elementare Zusammensetzung von Oberflächen analysieren lässt. »Qualitätssicherung und deswegen auch die Oberflächenanalyse ist enorm wichtig. Doch die Qualitätskontrolle muss sich bestmöglich in die Betriebsabläufe integrieren lassen. Mit unseren Forschungen zum LIBS-System entwickeln wir beim Fraunhofer IFAM ein entsprechend einfaches und anpassungsfähiges System stetig weiter«, sagt Herr Dr. Neuholz. Ohne weitere Probenvorbereitungen zeigt das LIBS-System zuverlässig und schnell Kontaminationen an – und bietet dabei einen hohen Informationsgehalt über Art und Umfang der Kontaminationen auf Basis der gemessenen Elemente. Die Anwendungsgebiete des LIBS-Systems sind so vielfältig wie auch die Ursachen der Kontaminationen. Ein Beispiel ist der Fertigungsprozess von Faserverbundwerkstoffen: Damit Faserverbundwerkstoffe nach dem Backen aus der Form gelöst werden können, werden siliziumhaltige Trennmittel eingesetzt. Auch zur Verhinderung von Lackbenetzungsstörungen wird das LIBS-System eingesetzt: Um einen ebenmäßigen, glänzenden Lack auf einer Autotür anzubringen, muss diese sauber sein. Das LIBS-System kann neben den Trennmitteln Verunreinigungen, ebenso wie unter anderem Handcremerückstände, und Ölfilme erkennen.

In Kooperation mit LTB technischen Fortschritt schaffen

Zusammen mit der LTB Lasertechnik Berlin GmbH hat das Fraunhofer IFAM nun einen kompakten LIBS-Messkopf für die Montage an vorhandenen Robotersystemen konzipiert. Bislang war dies aufgrund des Gewichts, der Größe und der Technik des LIBS-Systems nicht möglich und die Proben mussten vor dem System bewegt werden. Nun haben Forscher und Entwickler die LIBS-Technologie so optimiert, dass der Laser über den robotergesteuerten Messkopf die Oberfläche variabel anfahren kann. Damit ist ein weiterer Meilenstein in der kontinuierlichen Weiterentwicklung der LIBS-Technologie erreicht, die sich übrigens aus der Raumfahrt entwickelt hat.

Mit Laserinduzierter Plasmaspektroskopie Oberflächen analysieren

Wie sieht der LIBS-Prozess in der Praxis aus? Ein entsprechend gepulster Laser fokussiert mit Hilfe von Spiegeln und Linsen die zu untersuchende Oberfläche. Die hohe Energiedichte des Lasers erzeugt stark angeregte Atome in Form eines lokalen Plasmas. Beim Abkühlen – wenn die Atome also wieder in ihren Grundzustand wechseln – wird elementspezifische Lichtstrahlung abgegeben. Ein Lichtleiter nimmt diese Strahlung auf und leitet sie in ein Spektrometer. Dies analysiert die Wellenlänge des Lichts im Bereich von 200-780nm, registriert deren Intensität und erkennt dadurch die elementare Zusammensetzung der Oberfläche.

Die Laserparameter an das Material anpassen

Der große Vorteil des Verfahrens: Die Einstellungen der Laserintensität des LIBS-Systems werden speziell an die Beschaffenheit des Materials angepasst, um die Beeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten. Denn für die Kontaminationsanalyse einer metallischen Autotür wird schließlich weniger Laserenergie benötigt als für Kunststoffbauteile. Zudem kann die Auswahl der geeigneten Laserwellenlänge die minimalinvasive Beeinträchtigung noch weiter verringern. Dies gelingt mit einem 266nm-Laser, der die Interventionen mit der Oberfläche auf 5% der herkömmlichen Beeinträchtigungen eines Lasers mit 1064nm verringert, dabei aber die Empfindlichkeit des Systems nicht beeinflusst. Das System ist also eine nahezu zerstörungsfreie Detektionsmethode. Damit grenzt sich die laserinduzierte Plasmaspektroskopie von anderen verwandten spektroskopischen Verfahren ab, wie zum Beispiel der Massenspektroskopie. Am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung stehen alle Messsysteme für Untersuchungen sowie erfahrene Ansprechpartner zur Verfügung. Die Experten des Fraunhofer IFAM unterstützen Unternehmen bei der Inline Integration des LIBS-Systems in Produktionsabläufe.

Das LIBS-System in den Industrien und Bereichen angewendet

»Laserinduzierte Plasmaspektroskopie kann in unterschiedlichen Industrien einen Mehrwert schaffen. Jeder Fertigungsprozess, bei dem Oberflächen- und Materialbeschaffenheit eine große Relevanz hat, profitiert vom LIBS-System«, so Herr Dr. Neuholz. Die Recyclingsparte der Metallindustrie profitiert bereits von der Technik. Beim Fraunhofer IFAM forschen die Wissenschaftler intensiv an den Möglichkeiten für Faserverbundwerkstoffe, die aufgrund ihres geringen Gewichts oft in der Luftfahrt eingesetzt werden. Auch die Automobilindustrie, vor allem im Bereich der Verhinderung von Lackbenetzungsstörungen, ist ein wesentliches Forschungs- und Anwendungsgebiet des Instituts. In Zukunft wird auch die Lebensmittelindustrie eine größere Rolle spielen. Hier kann das LIBS-System für nachhaltigere Prozesse sorgen. Ein Beispiel: In einem Milchherstellungsbetrieb kann die Wassernutzung und Produktionszeit beim Reinigen der Rohre durch die genaue Auskunft über den Reinigungszustand verringert werden. Zudem werden bei der Verwendung des LIBS-Systems keine chemischen Mittel angewendet, dies unterstreicht die Umweltfreundlichkeit des Verfahrens.

Das LIBS-System ist ein zukunftsweisendes Verfahren zur Kontaminationsanalyse von nahezu allen Oberflächen und Materialien mit verschiedensten Eigenschaften (fest, flüssig, pastös). Schnell und einfach anwendbar und mit hohem Informationswert lässt sich das LIBS-System in Inline-Prozesse integrieren. LIBS spielt eine wichtige Rolle bei der stetigen Automatisierung von Prozessen. So steht auch der Einsatz von Cyber-Physischen Systemen in der maritimen Technologie auf der Agenda der visionären Projekte des Fraunhofer IFAM. Zum Beispiel untersuchen vielleicht bald hochautomatisierte Drohnen selbstständig die Hafenwände auf Helgoland, angelernt durch Experten für die Oberflächenanalyse.

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LIBS Laserinduzierte Plasmaspektroskopie

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