»Thermisch beschleunigte Klebstoffhärtung - Methoden und Klebstoffe« Webinar-Referenten Dipl.-Ing. (FH) Andreas Lühring, Dr.-Ing. Michael Adam und Dr. Katharina Richter im Interview

Am 22.09.2021 stand das dritte Webinar der Reihe »Kleben – aber sicher!« an. Unter dem Titel »Thermisch beschleunigte Klebstoffhärtung - Methoden und Klebstoffe« stellten drei Experten vom Fraunhofer IFAM fundiertes Wissen rund um die thermisch beschleunigte Klebstoffhärtung vor. Wir haben mit Dipl.-Ing. (FH) Andreas Lühring, Projektleiter für Klebstoffe und Polymerchemie, Dr.-Ing. Michael Adam, und Dr. Katharina Richter gesprochen.

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© Fraunhofer IFAM
Klebstoffe mit dem E-FAST Verfahren in wenigen Sekunden aushärten.
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Dank integriertem Heiz-/Sensorelement Klebstoffe kontrolliert, präzise und gezielt im E-FAST Verfahren erwärmen.
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Das E-FAST Verfahren: effizient, prozesssicher und innovativ.

Herr Lühring, welche Rolle spielt thermische beschleunigte Klebstoffhärtung in Klebprozessen?

Einer der zeitintensivsten Faktoren im Klebprozess ist die Zeit, die der Klebstoff zum Aushärten in Anspruch nimmt. Die Aushärtezeit ist temperaturabhängig: Je höher die Temperatur des Klebstoffs ist, umso kürzer ist die Aushärtezeit. Somit können prinzipiell viele 1K- und 2K-Klebstoffe thermisch beschleunigt ausgehärtet werden. Bei 1K-Klebstoffen muss eine Mindestaushärtetemperatur überschritten und für eine gewisse Zeit gehalten werden. Zwei anschauliche Beispiele aus der Praxis geben Ihnen einen guten Eindruck: Für einen 1K-Epoxidharzklebstoff wäre 150 °C für eine Dauer von 40 Minuten eine typische Aushärtedauer. Demgegenüber härten klassische 2K-Systeme bei Raumtemperatur aus, brauchen aber häufig mehrere Stunden bis Tage zum Aufbau der Endfestigkeit. Wir konzipieren am Fraunhofer IFAM maßgeschneiderte Schnellhärteprozesse, mit welchen sich die Aushärtezeit für beide Klebstoffsysteme deutlich reduzieren lässt. Mit der verkürzten Taktzeit können Anwender ihre Kosten verringern. Oftmals wird der wirtschaftliche Einsatz der Klebtechnik in der Fertigung dadurch auch überhaupt erst möglich.

 

Herr Dr. Adam, in welchen Prozessschritten, Projekten und Anwendungsbereichen unterstützt Ihre Abteilung?

Das Fraunhofer IFAM deckt mit dem Bereich Klebtechnik und Oberflächen die gesamte Prozesskette des Klebens ab. Unsere Abteilungen Klebtechnische Fertigung und Polymerchemie unterstützen Industriekunden in Projekten beginnend mit der Auswahl und Qualifizierung von Klebstoffen. Die Klebstoffe werden für den jeweiligen Prozess z. B. hinsichtlich ihrer Materialeigenschaften, Langzeit- und Medienbeständigkeit untersucht. Außerdem unterstützen wir bei der Neu- und Weiterentwicklung von Klebprozessen sowie bei der Anpassung und Neuentwicklung von Klebstoffen. In vielen öffentlichen Projekten forschen Experten in diesen Themen stets mit Fokus auf die Anwendung und daher in der Regel in Kooperation mit den Industrien. Die Anwendungsbereiche erstrecken sich branchenübergreifend letztlich auf alles, das geklebt werden soll.

Die thermisch beschleunigte Härtung von Klebstoffen bearbeiten wir am Fraunhofer IFAM in beiden Projektformen.

 

Herr Dr. Adam, welche Herausforderungen gibt es bei der thermisch beschleunigten Klebstoffhärtung zu beachten?

Soll in einem Klebprozess der Klebstoff thermisch beschleunigt ausgehärtet werden, so ist dies frühzeitig in der Prozessplanung vorzusehen. Bereits bei der Auswahl der Methode mit der Wärme in die Klebschicht eingebracht werden soll, sind die Geometrie und das Material des Bauteils, sowie apparative Rahmenbedingungen und Beschränkungen zu berücksichtigen. Eine besondere Rolle kommt der Abstimmung der Temperaturführung auf das zu verwendende Klebstoffsystem zu. Für jeden Klebstoff muss individuell ein Prozessfenster mit der bestimmten Erwärmungszeit und einer dazugehörigen Aushärtetemperatur eingehalten werden. Oberhalb einer kritischen Erwärmungstemperatur kann es zu einer Schädigung des Klebstoffs kommen, welche die Festigkeit und die Langzeitbeständigkeit der Klebung herabsetzt. Bei zu geringen Aushärtetemperaturen und -zeiten wird der Klebstoff nicht vollständig gehärtet und erreicht nicht die gewünschte Festigkeit. Demzufolge können Aushärtungsprozesse der Klebstoffe thermisch nicht beliebig beschleunigt werden, so dass eine entsprechende Qualifizierung für den jeweiligen Klebprozess wichtig ist.

 

Frau Dr. Richter, im Titel erwähnen Sie die unterschiedlichen Methoden und Klebstoffe bei der thermisch beschleunigten Klebstoffhärtung. Können Sie hier verraten, welche Methoden und Klebstoffe im Webinar näher betrachtet werden? 

Es handelt sich um Methoden, die in der Industrie üblicherweise eingesetzt werden, um Wärme in die Klebfuge zu bringen. Das beginnt beim einfachen Ofen und endet bei der Induktionserwärmung, letztere ist besonders speziell und leistungsfähig. Die Methoden werden hinsichtlich ihrer besonderen Merkmale und mit Blick auf die Praxisanwendung betrachtet.

Wir stellen auch einige neue Methoden vor, die am Fraunhofer IFAM entwickelt und erprobt wurden.

Ebenso geben wir einen Einblick in unsere Entwicklungsarbeiten für besonders schnell und sicher härtbare Klebstoffe. Es wird darauf eingegangen, welche Härtungsmechanismen sich mehr oder weniger optimal für eine thermisch beschleunigte Härtung eignen und welche Stellschrauben es bei einer Modifizierung oder Neuentwicklung von Klebstoffen gibt.

 

Herr Lühring, wer sollte sich – Ihrer Meinung nach – Ihr Webinar unbedingt anschauen?

Das Webinar richtet sich insbesondere an Anwender, die mit einer thermisch beschleunigten Klebstoffhärtung ihren Klebprozess verkürzen möchten. Im Webinar wird auch dargestellt, was bei der Anwendung der verschiedenen Erwärmungsmethoden zu beachten ist. Daher ist das Webinar auch für Anwender interessant, die neue Klebprozesse planen oder ihren bestehenden Klebprozess kritisch hinterfragen möchten.

 

Herzlichen Dank für das Interview!

E-Fast-Verfahren zur Schnellhärtung von Klebstoffen

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